Das aktuelle Programm “Wallis Revüh” des Bochumer Varietés et cetera erzählt wie fast immer eine Geschichte, die mit vielen humoristischen Elementen durchsetzt ist. Da der Regisseur der neuen Show am Flughafen festsitzt, muss schnell die Reinigungskraft Waltraud „Walli“ Ehlers für ihn einspringen. Die (reale) Regisseurin von “Wallis Revüh”, Esther Münch, spielt diese Figur wieder einmal grandios: Als „Pflanze aus Bochum“ (wie sie sich selber nennt) ist sie ziemlich direkt und oft etwas derb, aber trotzdem sympathisch und liebenswert, quirlig und energiegeladen. Mit viel Charisma führt sie durch das Programm und verblüfft die Zuschauer u. a. durch ihre Gesangseinlagen: Mit einer tollen Stimme singt Esther Münch “Son of a Preacher Man” als Parodie („Sohn von ´nem Metzgermann“), „Lady Bump“ und „We are Family“. Wie so oft bei ihren Auftritten verwandelt sich die Künstlerin von der Putzfrau zu Beginn in einen betörenden Vamp im hochgeschlitzten Abendkleid am Ende der Show. Sicher ist es keine Übertreibung, sie als „Madame 100.000 Volt des Ruhrgebiets“ zu bezeichnen!
Dennoch haben die anderen Mitglieder des Ensembles neben ihr genügend Raum, sich angemessen in Szene zu setzen. Sechs Künstlerinnen und ein Künstler, die von Walli zu Beginn der Show ausgewählt wurden, bieten eine abwechslungsreiche Reise durch die Welt des Varietés. Den Anfang macht Silea, eine in Berlin lebende Schwedin, die sich auf dem Drahtseil mit einer traumwandlerischen Sicherheit bewegt und dabei liebenswerte Anmut ausstrahlt.
Handstandakrobatik der Extraklasse bietet die aus Toulouse stammende Französin Margot, die bei den atemberaubenden Verrenkungen ihres Auftritts ihren kleinen Hut meist aufbehält – und damit an Joe Cockers Hit „You can leave your hat on“ erinnert.
Sehr viel Temperament zaubern auch die beiden Südamerikanerinnen Marisa und Angy auf die Bühne. Bei ihrer Kleidung liegt der Gedanke an zwei Dominas nicht fern, und mit genau dieser Bestimmtheit schwingen sie auch ihre Bolas. Darin haben die beiden eine solche Perfektion erreicht, dass sie einem Kandidaten aus dem Publikum mit ihren Kugeln die Zigarette in dessen Mund entzwei schlagen, ohne den mutigen Mann zu verletzen.
Den Gegensatz zu so viel dominanter Härte bildet die reife weibliche Eleganz der russischen Artistin Gala Kuzmenko, die mit weicher Ausstrahlung Jonglage mit immer mehr werdenden Reifen zeigt und dabei höchste Fingerfertigkeit und Koordinationsfähigkeit beweist.
Sehr viel Anmut, aber auch eine Unmenge Temperament legt die Französin Charlotte de la Bretèque an den Tag und ist im Ensemble von „Wallis Revüh“ eine besondere Erscheinung. An einer Vielzahl von Vertikalseilen (den von ihr erfundenen Multicordes) hangelt sie sich herauf und herunter, zaubert quirlig atemberaubende Kunststücke in die Luft und verblüfft die Zuschauer nahezu pausenlos. Diese fragen sich, wie all diese Kunststücke überhaupt möglich sein können, und quittieren sie mit besonders starkem Applaus.
Nachdem sich der einzige Mann in der Bühnentruppe, Jean Ferry, im bisherigen Verlauf der Show als Frauenheld und Womanizer betätigt hat, kommt er erst zum (allerdings krönenden) Schluss mit seiner Darbietung. Der Berliner Künstler vollführt auf der Freischwebenden Leiter unglaubliche Kunststücke der Körperbeherrschung und schlängelt sich dabei sogar noch durch zwei Ringe, ohne zu stürzen. Ein grandioses Ende einer durch und durch ungewöhnlichen Varieté-Show!
Mario Kandil
Mehr zu dem Programm unter https://www.variete-et-cetera.de/
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Varieté et cetera, Herner Str. 299, 44809 Bochum